Im Test: Beyond: Two Souls

Die kleine Jodie ist nicht wie normale Mädchen. Schon in der frühen Kindheit erkennen ihre Eltern, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmt. Anscheinend besitzt Jodie übernatürliche Kräfte, was ihren Stiefeltern große Kopfschmerzen bereitet. Leider kommen sie damit nicht weiter zurecht und übergeben Jodie einer Einrichtung, die das kleine Mädchen mehr oder weniger als menschliches Versuchskaninchen hält.

Dort findet man heraus, dass Jodie in der Tat mit einem Geistlosen namens Aiden verbunden ist. Warum das so ist und wer Aiden überhaupt ist, wird man im Laufe der Story noch erfahren. Fakt ist, das Jodie Aiden nicht immer unter Kontrolle hat. So kommt es schon mal vor, dass das Wesen aus der „Infrawelt“ nicht nur gerne mit Sachen um sich wirft, sondern mitunter auch Personen in Gefahr bringt, ja sogar die Möglichkeit hat, Besitz von ihnen zu ergreifen. 

Natürlich bekommt die CIA Wind von Jodie und rekrutiert sie beinahe gegen ihren Willen, um ihre Kräfte militärischen Zwecken „zu Gute“ kommen zu lassen. Des weiteren sind Forscher auf der „ganzen Welt“ dabei, selbst ein Tor zur „Infrawelt“ zu eröffnen, mit den Hintergedanken, die Geister ebenfalls kriegerisch einzusetzen. Dies kann die CIA natürlich nicht auf sich sitzen lassen, da es ihrer Meinung nur eine Nation geben darf, die eine solche „Waffe“ besitzen sollte: Die USA. Allerdings geht bei der Erforschen auch so einiges schief…

Doch was spielt sich hinter den Kulissen ab? Will man diese „Infrawelt“-Experimente wirklich nur zum Wohle der Menschheit durchführen? Wird Jodie sich aus dem Spielball der CIA befreien können, um ein vernünftiges Leben, wie jeder andere Mensch auch, führen zu können?

Der Spiel-Film
Quantic Dreams, beziehungsweise David Cage, Kopf des Studios, ist ja inzwischen berühmt, für hollywoodreife Inszenierungen. Der Vorgänger Heavy Rain war nicht unbedingt ein „Spiel“, sondern mehr ein interaktiver Film, was bei vielen Gamern eher „Verwirrung“ stiftete, da man es eher mit QuickTimeEvents zu tun hatte, als „wirkliches Gameplay“. Was aber nichts Neues war, denn bereits bei Fahrenheit kam dieses Konzept erfolgreich zum Einsatz. Beide Titel gehören definitiv zu den besten Spielen ihrer Konsolengeneration, da sie abseits all der 0815-Action und langweiliger Hintergrundgeschichte mal wirklich eines konnten: Beim Spieler wirkliche Emotionen erzeugen und eine tiefgreifende Story, mit wahrlich glaubhaften Charakteren erzählen, die man sonst nur vom Kino her kennt!

Mit Beyond: Two Souls versucht Quantic Dream noch eins drauf zu setzen, denn anstatt „irgendwelche“ Schauspieler zum Einsatz zu bringen, buchte man 2 hochkarätige Schauspieler: Ellen Page für die Rolle der Jodie und Willem Dafoe, der die Rolle des undurchsichtigen Forschungsleiter Nathan Dawkins übernimmt. Und natürlich darf der Soundtrack ebenfalls nicht zu kurz kommen. Damit auch wirklich nichts schief gehen kann, konnte man hierfür niemand geringeren als Hans Zimmer verpflichten, der mit seiner Musik alleine schon eine gewisse emotionale Grundstimmung in den Filmen erzeugt.

Das Gameplay
Natürlich gibt es in Beyond das grundlegende Charakterkontrollschema (mit den Analogsticks bewegt man Jodie durch ihre Welt), doch wie auch schon in Heavy Rain, gibt es Content basierende Events. So leuchten über Objekte, mit denen man interagieren kann, eine Aktionstaste auf. Das gleiche gilt auch für Personen, um mit ihnen ein Gespräch zu führen. Jedoch kann es vorkommen, dass bestimmte Aktionen, wie zum Beispiel klettern, eine Abfolge bestimmter Tastenkombinationen erfordert. Wer Heavy Rain kennt, wird das selbe Muster also auch in Beyond wieder finden. 

Kernelement, wenn man so will, sind und bleiben die QuickTimeEvents. Immer dann, wenn es „brenzlig“ wird, gilt es im richtigen Moment die richtige Taste zu erwischen, beziehungsweise mit dem Analogstick in die „richtige“ Richtung zu lenken, um etwa einer Gefahr auszuweichen. Gerade letzteres erweist sich weniger intuitiv als gedacht…

Jodie ist übrigens nicht die einzige Person, die man steuern darf. In bestimmten Situationen wechselt man in die Rolle des Geistwesen Aiden. Gesteuert wird der fliegende Geist klassisch mit den Analogsticks. Die Reichweite ist allerdings begrenzt, da man sich nicht zu weit von Jodie entfernen darf. Damit man den Weg wieder zurückfindet, wird ein „Seelenpfad“, der die beiden verbindet, angezeigt, der blaulila durch die Welt wabert. 

Ist seitens Aiden eine Interaktion erforderlich, startet man die Aktion per Tastendruck. Je nach dem welche Aktion nun durchgeführt, müssen die beiden Analogsticks entweder zusammengeführt, auseinander gezogen, oder nach unten gedrückt und losgelassen werden. Somit kann man analog Menschen erwürgen, Besitz von Wesen ergreifen, oder Objekte durch die Gegend schleudern.

Hat man mit Aiden ein Wesen „geentert“, darf man dies wie gewöhnlich steuern und sogar bestimmte Aktion durchführen, wenn es die Story zulässt. Jedoch sollte man achten, keinen weiteren Personen zu nahe zu kommen. Wird die von Aiden gesteuerte Person berührt, verliert man augenblicklich die Kontrolle und ist auch für weitere Übernahmeversuche gesperrt.

Fun Fact:
Wer will, darf sich eine weitere Person schnappen, denn Beyond enthält quasi einen Koop-Modus. So übernimmt Spieler 1 Jodie, während Spieler 2 sich um Aiden kümmert. Der zweite Spieler kann dazu einen gewöhnlichen Controller in die Hand nehmen, muss aber nicht. Es ist sogar möglich, dank einer App für Smarthpones, Aiden komplett Touch-Gesten zu steuern. Und das funktioniert sogar richtig gut (getestet auf dem iPhone). Mit Fingerwischen weißt man dem Geist die Richtung zu, in der er fliegen soll. Möglichkeiten zur Interaktion werden dann in der App angezeigt, die man dann ebenfalls mit einem Fingerzeig auslöst. Ideal auch zum Beispiel für den ansonsten unbeteiligten Zuschauer (zB „die Freundin“), der sich nun aktiv am Spielgeschehen beteiligen kann.

Der rote Faden
Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Erzählstil. Beyond folgt keiner linearen Storyline, sondern springt zeitlich gar etliche Jahre in der Geschichte vor und zurück. Man kann nun darüber philosophieren, ob das nun vorteilhaft ist, oder nicht. Mitunter kann es allerdings schon ein wenig verwirrend wirken. Insgesamt mag das aber eine Eigenart von David Cage sein, der zwar theoretisch immer ein Gesamtkunstwerk erschafft, wenn es aber darum geht, die Geschichte im Detail auf’s Papier zu bringen, doch hier und da ein wenig schwächelt. So gesehen, wäre es vielleicht doch geschickter gewesen, auf den Zeitsprung-Kunstgriff zu verzichten und Jodies Geschichte linear zu erzählen.

Zwar wird man des öfteren mit emotionalen Abschnitten in Jodies Leben konfrontiert, doch hatte ich das Gefühl, dass die Art und Weise, wie das Spiel mit den Emotionen des Spielers umgeht, in Heavy Rain weit besser umgesetzt wurde.

Porentief rein
Kurz vor dem Start in die neue Konsolengeneration, zeigt Beyond nochmal, was in der PS3 so alles steckt. Es scheint so, als ob Quantic Dreams das letzte aus der Konsole herausholt, denn die Grafik sieht unfassbar gut aus. Beinahe „fotorealistisch“ erscheinen die Figuren (besonders in den Nahaufnahmen) und dank des verbesserten MotionCapturing-Verfahren, hat man nicht mehr wirklich das Gefühl, das „Marionetten“ auf dem Bildschirm agieren. Die Bewegungen sind weich und was die Mimik der Charaktere angeht, kann man wirklich nur staunen, wie lebensecht diese umgesetzt wurden.

Fazit:
Ellen Page und Willem Dafoe verleihen dem Spiel mit ihrer schauspielerischen Leistung mehr als nur einen Hauch von Hollywood-Kino. Getrübt wird das Gesamterlebnis leider durch die Cage’sche Schwäche, was das Schreiben von Dialogen angeht und auch ein wenig durch die Zeitsprünge. Ab und an kann es zu Rucklern im Spiel kommen…

Man muss sich einfach auf das Spiel, wie auch schon in Heavy Rain oder Fahrenheit, einlassen. Aber es lohnt sich! Quantic Dreams erzählt Geschichten und liefert eben keine 0815 Action ab, die wir in so vielen Spielen sehen: Die Verpackung mag immer eine andere sein, der Inhalt ist doch stets der selbe. Auch wenn Beyond: Two Souls nicht ganz an den Vorgänger heranreicht, so ist es dennoch ein Pflichttitel für die PS3! Hinsichtlich der kommenden Konsolengeneration, mag man sich noch gar nicht vorstellen, wohin uns die nächste Reise aus dem Hause Quantic Dreams führt!

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