Man darf sich schon fragen, warum es so lange gedauert hat, bis endlich ein Spiel für die PS Vita veröffentlicht wurde, das es versteht, auch wirklich mit der Hardware umzugehen. Doch das Warten hat sich definitiv gelohnt, denn Tearaway, der neueste Titel aus dem Hause Media Molecule, ist wohl eines der liebevollsten Spiele, die es a) für die PS Vita jemals gab und b) das putzigste Spiel seit langen… egal für welche Plattform.
In Tearaway dreht sich alles um Papier und Papierbastelarbeiten, aber keine Angst von fiesen Schnitten bleibt man weitgehend verschont (hierzu später noch ein Wort). Wirklich alles im Spiel besteht aus Zellstoff: Die Welt, die Figuren in der Welt, das Wasser, Partikel, sogar das Menü selbst. Dabei sieht alles so lebensecht aus, als würde man meinen, dass die Welt auf seinem Schreibtisch existieren könnte. Die Details sehen einfach unheimlich gut aus.
Auch schon bei Little Big Planet zeigt Media Molecule diese Liebe zum Detail und wie auch schon der kleine Sackboy, so sind auch die beiden Hauptdarsteller im Spiel (zur Auswahl steht eine männliche und eine weibliche Papierfigur namens Iota und Atoi) extrem putzig gestaltet.
Auch dem Genre ist man treu geblieben: Tearaway ist ein wunderschöner Plattformen, dem die Spielfigur eine wichtige Aufgabe erledigen muss: Sie muss dem Gott der Spielwelt eine wichtige Botschaft übermitteln und dieser Gott ist nicht irgendeine weitere Spielfigur, sondern der Spieler selbst! Somit darf man gleich doppelt ins Geschehen eingreifen. In erster Linie steuert man natürlich die kleine Papercraft-Figur, aber muss hin und wieder auch selbst ins mit eingreifen, um diverse Hindernisse aus dem Weg zu schaffen, große Maschinen betätigen, oder auch um Türen zu öffnen, damit die Reise weitergeht.
Anfangs kann unsere Spielfigur noch nicht mal hüpfen und ist somit voll und ganz auf die Hilfe des Spielers angewiesen. Mittels dem Touchpad auf der Rückseite schiebt man Blöcke aus dem Weg, oder knipst den fiesen kleinen Gegnern im Spiel, den Schnipseln, das Licht aus. Erst im Laufe des Spiels erlernt Atoi, oder Iota die Fähigkeit zu Springen, oder sich in eine Papierkugel zusammenzufalten, um dann so in die Gegner hinein zu rollen, um diese für kurze Zeit kampfunfähig zu machen. Ein direkter Angriff führt meist zum Verlust von Lebensenergie. Erst wenn der Gegner „bewusstlos“ ist, kann die Spielfigur sie packen, um sie dann gegen eine Wand, oder auch als Wurfgeschoss gegen andere Schnipsel einzusetzen.
Die Platformer-Einlagen sind stets fair zu bewältigen, wenn nicht ab und an die Kamera einen mehr oder weniger unguten Überblick auf das Spielgeschehen gewährt. Manche Sprünge in den Tod bringenden Abgrund hätte ich mir so sparen können. Gut, dass sich dieser Makel aber in Grenzen hält.
Auf der Reise zum Spielgott, trifft unsere Spielfigur allerhand weitere Einwohner der Papierwelt. Jeder der Einwohner weiß entweder etwas zur Geschichte beizutragen, oder verlangt die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe. So gilt es für ein Tierchen eine wunderprächtige Krone zu basteln. Natürlich aus Papier. Hier kommt den der „User generierte Content“ ins Spiel. Die Ansicht wechselt zu einem Basteltisch, mit diversen bunten Papiersorten, einem Stift und Schere. Mit dem Finger malt man dann den Umriss einer Krone und lässt diese Ausschneiden, um sie dann der Spielfigur aufzusetzen. Wer will, darf sich hier bis ins letzte Detail verkünsteln. Der Fantasie ist im Prinzip keine Grenze gesetzt. Hier und da ein paar Papieredelsteine draufgeklebt und fertig ist die beste Krone der Welt. Und keine Sorge: Die Arbeit ist noch umsonst, denn alles was man erstellt, wird man immer wieder im Spiel vorfinden.
Da unsere Spielfigur selbst aus Papier besteht, darf man auch hier Hand anlegen. Überall wo Platz ist, darf man seine Verzierungen anbringen, womit die Spielfigur ein wahres Unikat wird. Wer nicht selbst basteln will, hat die Möglichkeit, diverse vorgefertigte Elemente freizuschalten. Allerdings muss man vorher auch eine gewisse Anzahl an bunten Schnipselpartikeln einsammeln, die quasi als Währung im Spiel gehandelt wird.
Im Laufe des Spiels erhält unsere kleine Spielfigur auch eine Papierkamera geschenkt, mit der man nicht nur auf Fotosafari gehen kann (Selfies ftw!), um dann seine Meisterwerke auf der Community-Seite (tearaway.me) zum Spiel zu veröffentlichen, sondern manchmal gilt es damit einige Elemente im Spiel selbst „Farbe einzuhauen“… buchstäblich, denn einige Tiere, oder auch Blümchen haben ihre Farbe verloren und nur mit einem Foto kommt wieder Farbe ins Spiel. Man muss jetzt nicht unbedingt jeder weiße Papierfigur im Spiel fotografieren, um das Spiel zu lösen, doch wird man für seine Arbeit allerdings auch belohnt in Form von Papierbastelvorlagen! Diese darf man selbst ausdrucken und ausschneiden! Somit begibt sich Tearaway auf eine bestimmte Metaebene, denn das Spiel macht nicht innerhalb des PS Vita Systems halt, sondern breitet sich darüber in die echte Welt hin aus! Mit ein wenig Geduld und Spucke, verwandelt sich der eigene Schreibtisch dann tatsächlich selbst in eine kleine Papierwelt… mit all den Figuren und Elementen aus dem Spiel. Großartige Idee!
Ebenfalls sensationell? Die Spielwelt selbst natürlich. Von flauschig-bunt, bis düster ist alles dabei. Und natürlich ist auch jede noch so kleine Detail aus Papier erstellt worden; auch Wasserfälle und die Schwingungen im Wasser. Dazu passt natürlich auch der Soundtrack, der für eine unheimlich dichte Atmosphäre sorgt.