Im Test: Alfred Hitchcock Vertigo

Ich weiß nicht, wie oft ich in meinem Leben die filmischen Werke Alfred Hitchcocks gesehen habe. Darunter freilich auch “Vertigo”, eine dramatische Geschichte eines ehemaligen Polizisten, der sich “Hals über Kopf” in einer Intrige wiederfindet. Als ich gelesen habe, dass Publisher Microids nun ein gleichnamiges Spiel auf den Markt bringen wird, war ich natürlich begeistert.

Ich möchte mal vorwegnehmen, dass das Alfred Hitchcock Vertigo-Spiel dem FIlm bei weitem nicht gerecht wird. Hitchcocks Vertigo wird allgemein als einer der größten Filme aller Zeiten angesehen (vielleicht seh auch das nur ich so), während dieses Spiel nicht unbedingt eines der besten Spiele ist, die in den letzten Zeit veröffentlicht wurden. Es gibt da also kleinere “Qualitätunterschiede” zwischen den beiden Medien. Was mich dennoch nicht abzielt, das Spiel zu verschlingen und…. nun… es ist jetzt auch nicht so schlecht.

Der größte Unterschied sind die “Darsteller”. In der Filmversion von Vertigo, spielt James Stewart, einer der besten Schauspieler aller Zeiten, einer der am wenigsten sympathischen Rollen, die er in den Hitchcock Filmen je übernahm. Ein leicht unsympathischer Ex-Bulle. Aber wenigstens trug er die Rolle mit Charakter.

Im Spiel haben wir es mit Ed Miller zu tun. Ein noch viel unsympathischerer Typ / Schriftsteller, der mit einer Schreibblockade zu kämpfen hat. Dies kommt allerdings nicht von ungefähr. Eins war Ed ein großartiger Schriftsteller, doch ein “Schicksalsschlag”, hat in komplett Auer Gefecht gesetzt und befindet sich nun in psychiatrischer Behandlung. 

Vorab eine kleine Warnung: Alfred Hitchcock Vertigo enthält viel Triggerpotential, darunter Themen wie Selbstmord, oder ein Kindheitstrauma. Wer ernsthafte Probleme mit diesen Themen hat, oder sich unwohl fühlen, sollte sich entweder darauf vorbereiten, oder Abstand nehmen.

Der Grund für das Leid Ed Millers, war ein Autounfall, in dem seine Familie ums Leben kam. Der Schuld liegt (so wie uns das Intro darlegt) ganz bei Ed, der mit seinem Auto von einer Brücke abkam. Gebeutelt von seinem Leid und voller Schuldgefühlen, möchte er sich selbst von der Brück in den Freitod stürzen. Allerdings kommt die Rettung in letzter Sekunde…

Der Spieler übernimmt allerdings nicht nur die Rolle des Schriftstellers Ed. Man steuert des Weiteren eine Psychologin, die Ed bei seiner Genesung behilflich ist. Die Therapiestunden spielen sich in “Flashbacks” ab, in denen man die Geschehnisse Eds wiedererlebt, spielt und analysiert. Diese Flashbacks stellen den überwiegenden Teil des Spiels dar. So sucht die Ärztin unter anderem in seinen Kindheitserinnerungen nach Spuren, die erklären sollen, warum seine Höhenangst derart stark ausgeprägt ist. Allein durch den Unfall unmöglich, so die Annahme. Ed hat in der Tat ein enormes Trauma zu bewältigen. Die Psychologin selbst hatte allerdings auch kein Leben in dem alles wunderbar glatt gelaufen ist.

Der dritte spielbare Charakter ist der Sheriff des beschaulichen Dorfes, in dem der Unfall geschah. Der Sheriff der den Absturz untersucht, glaubt, dass Ed mit einem Mord in Verbindung gebracht werden könnte, der am selben Tag passiert ist.

Die drei Perspektiven bieten unterschiedliche Spielweisen, was einen hohen Unterhaltungswert mit sich bringt. Besonders als Sheriff wird man viel in der Umgebung herum stöbern und sicherstellen, dass man auch wirklich alles überprüft, um auch alle Hinweise zu finden, bzw mit allen Gegenständen interagiert. Teilweise erfordert es eine mehrmalige Interaktion mit dem selben Gegenstand um weiter zu kommen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in den Therapiesitzungen nicht auch gewissenhaft nach Spuren gesucht werden muss, allerdings sind diese eher “auffälliger” platziert. 

In diesen Szenen spult man in den Erinnerungen “vor und zurück”, um den Abschnitt zu untersuchen, in dem sich die Hinweise auf das Rätsels Lösung befinden. Angst, den betreffenden Abschnitt zu verpassen, muss man nicht haben. Er ist generell dick in der Zeitleiste unterlegt. DIe Hinweise selbst findet man in der Regel auch ziemlich leicht, da über ihnen ein weiser Punkt schwebt, der zur Interaktion einlädt.

Was das Gameplay, bzw die Interaktion mit dem Spiel betrifft, so hat man ziemlich gut bei Heavy Rain abgeschaut. Nicht nur “inspiriert”, man hat regelrecht kopiert, auch was die Darstellung der Icons der QuickTime-Events selbst betrifft, die es in Hülle und Fülle gibt. Abgesehen davon, gibt es die typischen Dialogsoptionen, wie wir sie etwa aus den Sherlock Holmes-Spielen her kennen. Hier kann man nichts weiter aussetzen. Vertigo lässt sich durch die Bank gut spielen.

Im Gegensatz zu Quantic Dreams, hatte man offensichtlich nicht das gleich Budget zur Verfügung. Im Gegensatz das Geld mit eher photorealistischen Grafiken zu verprassen, wählte man einen eigenen, etwas überzeichneten Kunststil aus, der (je nach Geschmack) zu Beginn vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber insgesamt ganz gut gelungen ist. Man fühlt sich auch sehr an die guten Telltale Spiele und deren ebenfalls leicht überzeichneten Stil erinnert. 

Der Kamerastil ist auch mehr Film orientiert, was die Dialoge in den Vordergrund rücken soll. Aller Kritik zum Trotz, die man im Vorfeld vielleicht schon gelesen hat, macht Alfred Hitchcock Vertigo (das Spiel) wirklich keine nicht so schlechte Figur, wie einige “Kritiker” es uns weiß machen wollen.

Das gilt insbesondere für das Voice-Acting. Auf Grund de Budgets mag es vielleicht nicht optimal sein und natürlich kommt man bei weitem nicht an ein Quantic Dreams Titel heran, aber die Sprachausgabe ist auch nicht wirklich so miserabel. Man vermisst an Eingen Stellen eventuell ein wenig “Natürlichkeit” und erhält das Gefühl, dass die Dialoge nicht tatsächlich als “Dialoge” aufgezeichnet wurden, sondern “zeilenweise” und später dann zusammengestückelt, wodurch kein so richtiger “Fluß” entsteht.

Aber selbst hier hab ich durchaus schon schlechteres Gehört. Vorne dabei die beiden Hercule Poirot-Spiele, die ebenfalls aus dem Hause Microids stammen. Hier war die Sprachausgabe (vor allem bei “Hercule Poirot: The First Cases”) blechern und teilweise nicht Mal stets der selben Lautstärke abgemischt. Das Voice-Acting in Vertigo ist somit richtig gut (wenn man schon Vergleiche macht).

 Was wirklich ein wenig den Spaß trübt, sind die Ladezeiten des Spiels, was wirklich schade ist. Alfred Hitchcock ist zwar der “Master of Suspense”, aber diese Ladezeiten sind nicht gerade spannungsfördernd.

Fazit:

Insgesamt kann man mit Alfred Hitchcock Vertigo eine schöne Zeit verbringen. Durchschnittlich 10 Stunden. Für Adventure-Fans jedenfalls ein Muss, da die Story doch einigermaßen gut gelungen ist. Sie ist jetzt nicht unbedingt filmverdächtig und auf dem selben Niveau wie der Filmklassiker selbst, dennoch empfehlenswert. Schwerwiegende Bugs sind mir nicht wirklich aufgefallen und wie bereits erwähnt, sind die Ladezeiten der einzig wirkliche Kritikpunkt, der das Gesamterlebnis vermasselt (und marginal das Voice-Acting). Was die Grafik betrifft, so ist dies als “Kunststil” zu betrachten. Es ist nicht immer selbst die Grafik, die ein Spiel tragen muss, auch wenn einige “Kritiker” anderer Meinung sind. Was zählt ist das Spiel selbst, die Story und welche “Gefühle” vermittelt werden. Alfred Hitchcock Vertigo ist nicht die Krönung der Schöpfung, aber im sehr guten Mittelmaß. Angesichts dessen, dass es sich nicht um ein AAA-Game handelt, mehr als gut!

Bewertung: 3.5 von 5.

(getestet auf Nintendo Switch)

Alfred Hitchcock Vertigo

Ed Miller, ein Schriftsteller, hat den Sturz seines Autos im Brody Canyon in Kalifornien unversehrt überstanden. Im Wrack des Autos wurde niemand gefunden, aber Ed behauptet, er sei mit seiner Frau und seiner Tochter unterwegs gewesen. Er ist von dem Unfall traumatisiert und beginnt, an starken Anfällen von Höhenangst zu leiden. Als er sich deshalb in Therapie begibt, versucht er herauszufinden, was an jenem tragischen Tag wirklich passiert ist.

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INFO

Plattform: PS4, PS5, Switch
Veröffentlichung: 27.09.2022
Herausgeber: Microids
Genre: Adventure

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