Im Test: God of War Ragnarök

God of War Ragnarök beginnt dort, wo uns der grandiose Vorgänger 2018 mit einem üblen Cliffhanger im Stichgelassen hat. Das God of War Reboot war damals schon ein voller Erfolg und ein mutiger Neustart, denn man verfrachtete den geliebten Antihelden Kratos nicht nur in ein komplett neues, winterliches Szenario. Man fügte zudem einen neuen Charakter hinzu. Seinen Sohn Atreus. 4 lange Jahre mussten wir nun auf die Fortsetzung warten. 4 Jahre, in den wir uns auf einen epischen und apokalyptischen Endlampf gegen die nordischen Götter vorbereiten konnten. Kann diese Fortsetzung dem Hype und dem fantastischen Vorgänger gerecht werden, oder sogar noch eins draufsetzen?

Ihr habt die Story bislang verpasst? Kein Problem!

Trotz der Bemühungen von Kratos und Atreus so gut es geht das Schicksal, das ihnen hervorgewagt wurde, zu entgehen, sehen sie sich nun in einer aussichtslosen Situation gefangen. Fimbulwinter hat begonnen, der endlose Schneesturm, der der Apokalypse vorausgeht.

Ähnlich wie der Neustart beginnt Ragnarök mit einem großen Knall. Man hat allerhand zu tun in den ersten 90 Minuten. Nach einer wilden Verfolgungsjagd folgt ein harter Kampf dem anderen. Ehrlich gesagt, erinnert der erste Kampf extrem an die ersten Minuten des 2018 veröffentlichten God of War, als man sich einen erbitterten Schlagabtausch gegen Baldur lieferte. Man folgt in Ragnarök der gleichen Struktur wie im Vorgänger, wenngleich das Ausmaß ein wenig epischer ist.

Das Abenteuer von Kratos und Atreus in Ragnarök ist weitaus umfassender, wenn es darum geht, die vielen Reiche zu erkunden. Die mehr als 25 Stunden, die es braucht, um durch die Missionen der Hauptgeschichte zu navigieren, fühlen sich unfassbar episch an. Ein Gefühl von Langeweile? Weit gefehlt! Das einzige, was man bemängeln könnte ist, dass einige der zentralen Handlungspunkte nicht so gut ausgeführt wurden, was zu eingen antiklimatischen Momenten in der Geschichte führt. Und ausgerechnet das Finale ist eines dieser Momente (eigentlich der Moment aller Momente des Spiels, in dem alle Handlungsstränge zusammenfinden sollen) , in dem Ragnarök darum kämpft, eine perfekte Landung abzuliefern, aber ein wenig strauchelt.

Trotz einiger der glanzlosen Story-Elemente bietet Ragnarök immer noch eine fantastische Reise für seine vielen exzellenten Charaktere, die alle dazu beitragen, der Situation ein angemessenes Maß an Dramatik, aber auch ein wenig Leichtigkeit zu verleihen. Das unglaubliche gute Schauspiel und die absolut gelungenen Animationen der vielschichtigen Charaktere, tragen definitiv dazu bei und definitiv die großen Highlights in Ragnarök. Es gibt so einige Spiele, in den ich die teils unglaublich zähen und belanglosen Zwischensequenzen zu überspringen. In Ragnerok jedoch, ließ ich keine Gelegenheit aus, um mehr aus der Story herauszuholen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Dialoge so unfassbar gut geschrieben wurden. Besonders der Kontrast zwischen dem stoischen Kratos und Sindri und Brok, wird mit den exzellent geschriebenen Zeilen unterstrichen. Auch trotz der schicksalsschwangeren Grundstimmung, gibt es immer wieder Momente, die einem ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern.

God of War Ragnarök sieht auf der PS5 faszinierend aus. God of War aus dem Jahr 2018 war ein Augenzauber auf der PS4, aber mit der zusätzliche Leistung der PS5? Fantastisch! Und so rückt man mit der Nase noch näher an den Bildschirm heran, um die Nasenhaare Kratos zu zählen, die bei einer leichten Brise wie Grashalme im Wind tanzen. Das letzte Mal, als ich diesen “OOOOH!!!”-Moment hatte, war auf einem kleinen PR-Event, als man das damals neue Metal Gear Solid 4 für die PS3 vorstellte. Nachdem dem ellenlangen Intro (danke Kojima!), das so wunderschôn anzusehen war, zentrierte sich die Kamera auf Snake und…. Es geschah im ersten Moment nichts, da mein Gehirn immer noch zu verstehen versuchte, was die PS3 auf den Bildschirm zauberte. Anstatt den Controller in die Hand zu nehmen und zu spielen, dachte ich, dass ich immer noch im Intro gefangen bin. Lange Rede, gar kein Sinn. God of War Ragnarök belebte diesen unglaublichen Moment wieder, als ich nur mit offener Kinnlade vor der Konsole hockte und einfach nur auf die massige Anzahl wunderschönen Pixel starrte. Man hätte in dem Moment auch annehmen können, dass ich Opfer eines Schlaganfalls wurde. Paralysiert von der Grafik. Ich spielte übrigens nicht im Performance Modus, der 60 FPS priorisiert, di ich zu Beginn die volle Ladung Pixelzauber wollte.

Die Ladezeiten? Die sind so unglaublich fluffig wie die Grafik selbst. Es dauert nur einige Sekunden vom Startbildschirm, bis man endlich spielen kann, wenn man das Spiel neustartet und auch wenn man stirbt, wird man nicht all zu lange auf den schwarzen Screen starren, bis man sich wieder in das Gemetzel stürzen darf. Die “InGame-Ladezeiten” ist gut getarnt und fallen absolut nicht auf. 

Was man allerdings unbedingt verbessern sollte, ist die Präsentation der Haare, die manchmal eher starr wirken. Besonders negativ ist mir das ziemlich am Anfang aufgefallen, als man in der Erinnerung Kratos schwelgt, als er seiner guten Faye folgt. Sie hinterlässt auch keine Spuren im Schnee und wirkt eher so, als hätte man dieses Stück Story mit heißer Nadel gestrickt. Manchmal erscheinen auch die Texturen der Kleidung etwas verwaschen. Abgesehen davon kann ich Ragnaröks Grafik oder Leistung nicht bemängeln.

Die  Leute von Santa Monica haben alle daran gesetzt, um die Kämpfe von God of War zu verbessern. Wer im Vorgänger von 2018 noch bemängelte, dass die feindlicher Vielfalt eher gering ausgefallen ist, darf sich freuen. In Ragnarök hat jedes Reich seine eigenen Kreaturen, die jeweils mit einem eigenen Angriffsarsenal sowie elementaren Stärken und Schwächen bewaffnet sind.

Elementarangriffe spielen in Ragnarök eine größere Rolle, da Kratos seine Waffen aufladen kann, um mehr Schaden auszuteilen. Das Mischen von Feuer und Eis ist oft der Schlüssel, um einige der härteren Kämpfe zu gewinnen, was den taktischen Waffenwechsel zwischen der Leviathan-Axt und den Klingen des Chaos fördert. Schlachten erfordern oft etwas mehr Nachdenken als wildes Drücken von Knöpfen, was erfrischend ist, dies gilt besonders, wenn man Hand in Hand kämpft, sei es Kratos mit seinem Sohn Atreus, oder der Sohnemann mit seiner neuen kleinen Freundin Angrboda. Diese schleudert buntes und ziemlich explosives Pulver in die Luft, das auf die Gegner nieder rieselt. Als Atreus gilt es nun mit seinen Pfeilen dieses Pulver zu entzünden, für ein maximal explosives und buntes Erlebnis. Nach dem Kampf sieht der Boden dann so wie etwa in Splatoon aus, dem farbenfrohen Nintendo-Shooter.

Obwohl es neue Schildtypen zum Ausrüsten und ein tieferes Risiko- und Belohnungssystem gibt, das sich auf das Parieren konzentriert, gibt es keinen speziellen Fähigkeitsbaum für den Kampf mit bloßen Händen. Dies war noch ein großer Teil des Kampfsystems des 2018er Titels. In Ragnarök muss sich der Spieler von daher stattdessen an Kratos Elementarkampfsystem gewöhnen.

Kratos fühlt sich immer noch brutal an und sein Spartan Rage ist entsprechend unaufhaltsam und um nicht viel zu verraten: Auch Atreus hat einen besonders effektvollen Rage Angriff erhalten. Damit gab man sich allerdings nicht zufrieden und frischte seine Fähigkeiten ein wenig auf, um dem Spieler mehr Optionen im Kampf zu bieten, sowohl aus der Nähe als auch aus größerer Entfernung. Die Schlachtfelder wurden auch erweitert, sodass sie oft auch höher gelegenes Gelände umfassen, wobei die Höhe eine Rolle dabei spielt, wie sich Kratos und seine Feinde in der Gegend bewegen. Diese Vertikalität kann auch als “Vorteil” verwendet werden und Kratos von oben herab seine Feinde in Grund und Boden stampfen.

Besonders hervorzuheben sind auch die zahlreichen Zugänglichkeitsoptionen, die man in das Spiel eingebaut hat, um auch einem Publikum mit Einschränkungen zugänglich zu machen. So gibt es eine ellenlange Liste von Funktionen, die Spieler aktivieren können, um ein komfortableres Erlebnis zu bieten.

Es gibt insgesamt fünf Schwierigkeitsoptionen, die von einer sehr einfachen Variante bis zu sehr schwer reichen, wobei der normale Schwierigkeitsgrad schon recht ansprechend ist Für diejenigen, die nur durch die Geschichte spazieren wollen, werden an der Hand genommen und für alle Masochisten, die die Spielerfahrung nahezu unmöglich machen möchten, gibt es ebenfalls einen eignen Schwierigkeitsgrad. Grund zur Beschwerde, sollte eigentlich niemand haben.

Ragnaröks Kampf ist nahezu fehlerfrei. Es ist auf die richtige Weise befriedigend und fühlt sich nie sehr unfair an, zumindest auf Normal. Meine einzige Beschwerde sind die R3-Tötungsanimationen, die sich in stets gleicher Weise wiederholen. Allerdings ist dies Wohl meckern auf hohem Niveau. Vermutlich. 

Wenn man mit Kratos nicht gerade Köpfe abschlägt, erkundet man die bezaubernde Welt der nordischen Götter Sage. Und in Ragnarök gibt es wirklich verdammt viel zu sehen und zu tun. Und weil nur Erkunden vielleicht mit der Zeit langweilig wird, wird man mit allerhand Minibossen, die getötet werden müssen, bei Laune gehalten. Ab und an gibt es die obligatorischen Rätseln, die gelöst werden müssen, um etwa Schatztruhen zu öffnen, oder große Pforten, bei denen der Spieler seinen grauen Zellen ein wenig anstrengen muss. Da gilt es eine Wasserfontänen mit der Streitaxt zu vereisen, oder den Weg des Wassers zu blockieren und umzuleiten, um große Mühlräder in Gang zu setzen. Die üblichen Dinge eben, um den Spieler eben etwas in den Weg zu stellen, auch wenn es manchmal nicht unbedingt nötig ist. Sollte man doch vielleicht mal nicht weiterkommen, geben die begleitenden Charaktere manchmal einen Wink mit dem Zaunpfahl, oder teilen Kratos mit, erst später versuchen das scheinbar unlösbare Rätsel zu lösen, da man aktuell noch nicht den benötigten Gegenstand im Rucksack hat. Das spart nerven und unnötig Zeit und Kopfschmerzen.

Dank den Schnellreisepunkten, macht das Erkunden der Welt noch attraktiver und weniger anstrengend. Viele Reiche haben ihre eigenen halboffenen Bereiche, die von Mimir oft als großartige Orte bezeichnet werden, um die Zeit totzuschlagen, wenn man eine Pause von der Hauptgeschichte einlegt. Man kann Mimirs Vorschläge auch komplett ignorieren, da diese komplett optional sind. Wer allerdings auf der Jagd nach der Platinum Trophy ist, wird sich wohl keine Gelegenheit entgehen lassen, jeden Winkel zu durchsuchen und auch noch so jede banale Nebenmission zu erfüllen. Und es wäre ohnehin eine Schande, die Sidequests links liegen zu lassen, da sie allesamt von sehr hoher Qualität sind (und nicht so ein unglaublicher Schmerz, wie etwa in Assassins Crew Valhalla, das schon allein auf Grund der nervigen Missionen mit einem Ragequit ins Nirvana schickte). Und das Erkunden lohnt sich auch für alle, die nicht unbedingt die Trophy aller Trophies haben wollen, denn es warten einzigartige Rüstungssets, Spezialangriffe und Buffs nur darauf entdeckt zu werden.

Kratos hat einen langen Weg zurückgelegt, wie auch God of War als Serie, die das Hack-and-Slash-Genres stets auf einem hohen und quasi nie erreichten Level hielt und immer noch hält. God of War ist definitiv die Serie, die als Inspiration für das Genre dient und für eine Mange Inspiration sorgte, die viele versuchten zu kopieren, aber ohne niemals wirklich das hohe Niveau zu erreichen.

Und God of War Ragnarök ist definitiv noch einen Schritt weiter von der ursprünglichen Trilogie entfernt, als der Vorgänger. Ebenso wie die Änderung des Grundtons betrifft. Es gibt so mehr Humor, was dem Ganzen einen leicht komödiantischen Geschmack verleiht. Somit ein wichtiger und gut gelungen Schritt nach vorne!

Es gibt so auch einen größeren Fokus auf Nebendarsteller. Während seiner Hack-and-Slash-Tage war Kratos eher der einsame Wolf, mit eher spartanischen Dialogen. Falls man sein Gegrunze als Dialog bezeichnen kann. Was aber nicht bedeutet, dass die Geschichten in den ersten Teilen schlecht erzählt wurde. Im Gegenteil. Nur eben… anders. 

Es gab immer eine fühlbare Distanz (abgesehen von den blutigen und brutalen Vollkörperkontakt-Bosskämpfen). Schon mit dem 2018 veröffentlichen God of War, rückte man Kratos näher an den Spieler heran. Machte in “greifbarer”, fast schon “emotionaler”. Der Wandel, den man mit dem Reboot begonnen hatte, wird in Ragnarök somit noch raffinierter und verfeinert, da man es nun mit einem vielschichtigeren Kratos zu tun hat, der nicht mehr als Ein-Mann-Armee gegen die Götterwelt antreten muss.

Und da schmerzt es dann doch ein wenig, wenn die Story von God of War Ragnarök etwas flacher ausfällt als der Vorgänger, denn man verpasst einige herausragende Momente deutlicher hervorzuheben und man sollte sich vielleicht auf das Ende vorbereiten. Die (nicht nur grafische) Präsentation selbst ist eine Wucht! Und verzeiht man mal den kleinen Story Fauxpas, ist  Ragnarök definitiv eine epische Fortsetzung, die in (fast) jeder Hinsicht besser ist als God of War aus dem Jahr 2018. God of War Ragnarök ist der Must-Play-Exklusivtitel, den man in seiner Sammlung haben muss! 

Bewertung: 5 von 5.

(getestet auf PS5)

God of War Ragnarök

Schließe dich Kratos und Atreus auf einer mythischen Reise an, um Antworten zu finden, bevor Ragnarök hereinbricht. Gemeinsam müssen Vater und Sohn auf ihrer Reise in jede der neun Welten alles wagen.

In atemberaubenden mythologischen Landschaften treffen sie auf furchterregende Gegner – von nordischen Göttern bis hin zu wilden Bestien – und bereiten sich auf den größten Kampf ihres Lebens vor.

Bewaffnet mit seinen erprobten Kriegswaffen – darunter die Leviathanaxt und die Chaosklingen – werden Kratos‘ unerbittliche Fähigkeiten auf eine nie dagewesene Probe gestellt, während er versucht, seine Familie zu beschützen. Außerdem erwarten ihn und Atreus eine Vielzahl neuer Fähigkeiten, die in dieser epischen und gnadenlosen Geschichte für flüssige, ausdrucksstarke und anpassbare Kämpfe sorgen.

INFO

Plattform: PS4, PS5
Veröffentlichung: 09.11.2022
Herausgeber: Sony
Genre: Action

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