Im Test: Wonder Boy Collection

Wonder Boy verfolgt mich schon ein Leben lang und der Soundtrack bleibt wohl stets in den tiefsten Stellen meines Gehirn eingebrannt, wenngleich ich sagen muss, dass auf dem SEGA Master System Konsole Alex Kidd doch eher mein Favorit war. Seit drum. Stunden hatte ich mit Tom Tom verbracht (früher gab’s ja nix!), ihm dabei zu helfen, seine Steinzeit-Freundin Tanya aus den Klauen des fieses Zauberers Drancon zu befreien. Den Nachfolger Wonder Boy in Monster Land mit seinen seltsamen RPG-Elementen, fand ich dann doch eher seltsam und wurde damit nie wirklich warm. Ein Jump’n’Run mit rudimentären RPG-Elementen? Wohl nicht nur für die damalige Zeit etwas ungewöhnlich.

Als man das erste Wonder Boy 1986 entwickelte, ahnte man noch nicht, dass das Franchise zu einem der verwirrendsten Labyrinthe in der Geschichte der Videospiele werden würde. Es gibt unzählige Geschichten über die zahlreichen Inkarnationen von Wonder Boy/Adventure Island zu erzählen. Im folgenden wollen wir aber über nur 4 der zahlreichen Titel sprechen, die allesamt in der neu aufgelegten Wonder Boy Collection erscheinen.

Wie erwähnt hat Wonder Boy eine verschlungene und bewegende Geschichte. Ursprünglich ein Plattform-Arcade-Spiel mit einem gedrungenen Höhlenmenschen-Jungen in einem Grasrock (ehrlich gesagt sah das “Kleidungsstück” eher wie eine Windel aus), das von Westone (damals Escape) für Sega entwickelt wurde, drifteten die Fortsetzungen in ein seltsames Action-Rollenspiel-Gemisch ab. Weil das noch nicht seltsam genug ist, gibt es zudem zwei chronologische Stränge: Wonder Boy III – Monster Lair (ursprünglich ein Arcade-Titel) und The Dragon’s Trap (ursprünglich für das Master System).

Um der Verwirrung noch eins draufzusetzen ist das fünfte Spiel der Monster World-Reihe in Japan als Wonder Boy V: Monster World III bekannt, das ursprünglich für den Mega Drive veröffentlicht wurde. Von da an war Monster World VI, der sechste Eintrag, der Schwanengesang der 16-Bit-Ära und wurde nicht weiterverfolgt, bis Monster Boy and the Cursed Kingdom 2018 unter andrem für die PS4 veröffentlicht wurde.

Das hier hübsch geschürte Paket der Wonder Boy Collection, enthält nun den Klassiker Wonder Boy (Arcade), Wonder Boy in Monster Land (Arcade), Wonder Boy in Monster World (Mega Drive) und das wunderschöne Monster World IV (Mega Drive). Schauen wir uns diese Titel mal im folgenden genauer an.

Wonder Boy, im Westen auch als Adventure Island bekannt, ist wohl der rudimentärste Titel in der Sammlung. Hierbei handelt es sich um einen klassischen Platformer, in dem wir unseren kleinen Helden Tom Tom (dank seiner Steinaxt) gegen Monster antreten lassen können (draufhüpfen, wie es etwa unser italiensicher Schnauzbart-Träger vermag, führt zum sofortigen Bildschirmtot) in diverse Level (ober- und unterirdisch) begleiten, während wir auf dem Weg zum Ende des Levels stets frisches Obst essen müssen, um nicht wegen Hunger ins Gras beißen zu müssen. Für mich ist und bleibt das originale Arcade-Wonder Boy ein fantastisches Spiel und da lasse ich mit von niemanden etwas einreden.

Das Gameplay des ersten Spiels ist immer noch unglaublich ansprechend. Die helle, farbenfrohe Grafik, die unterschiedlichen Leveldesigns und die wahnsinnig ohrwurmartige Musik sind absolut ikonisch und trotz einer hohen Herausforderung – die natürlich typisch für Arcade-Spiele dieser Ära ist – ist es ein unglaublich süchtig machendes Spiel!

Der zweite Titel in dieser Sammlung ist Wonder Boy in Monster Land. Es ist für mich nicht unbedingt der beste Titel in dieser Sammlung oder im Franchise insgesamt, aber es ist wohl der wichtigste, da er die Serie auf eine komplett neue Ebene brachte. Obwohl es grundsätzlich ein Arcade-Plattformer ist, konzentriert es sich stark auf die Erkundung der Spielwelt, mit einigen zusätzlichen RPG-Elementen, die in Spielen seiner Zeit nicht zu sehen waren. 

Die Steuerung war damals aber schon nicht so das gelbe vom Ei und die Kollisionserkennung ist irgendwie beschissen. Dennoch muss man sagen, dass Wonder Boy in Monster Land ein ziemlich beeindruckendes Spiel ist, wenn man sein Alter bedenkt. 

Wonder Boy in Monster Land war definitiv prägend für alles was folgte, schmiss man doch das “Steinzeit-Szenario” auf den Komposthaufen und ersetzte es mit einer mittelalterlichen Fantasy-Kulisse. Und nicht nur für die Wonder Boy-Serie selbst, war dies ein wichtiger Schritt, denn man könnte kühn behaupten, dass man 1987 vielleicht sogar den Grundstein für das Metroidvania-Genre setzte.

Noch immer sieht unser Wonder Boy aus, als ob er Windeln tragen würde, aber diesmal aus Metal und bewaffnet mit Schwert und Schild. Und dank den RPG-Elemente, brachte man die Serie auf ein neues Level, komplett mit Geschäften, in denen man Ausrüstungs-Upgrades kaufen, nutzlose Ratschläge erhalten oder Zaubersprüche kaufen konnte, oder auch Bars, in denen man zwischen Bier und Cocktails wählen durfte. Aus visueller Sicht ist Monster Land irgendwie weniger ansprechend als der erste Wonder Boy Titel, aber wenn man das Gameplay betrachtet, um einiges vielfältiger und abwechslungsreicher, auch wenn der Titel nicht besonders gut gealtert ist.

Wonder Boy in Monster World, das dritte Spiel in der Sammlung, ist mit Abstand das ausgereifteste und wohl insgesamt das beste Spiel der Sammlung, was wohl daran liegt, dass es sich hierbei nicht um ein Arcade-Titel, aber um ein Spiel für das Mega Drive handelt (auch wenn “emotional” das erste Wonder Boy, immer noch den ersten Platz im Herzen belegt), das 1991 veröffentlicht wurde.

Wonder Boy in Monster World machte grundsätzlich alles besser als Monster Land und das nicht nur, weil die Grafik um einiges hübscher war, sondern auch das Leveldesign war um einiges durchdachter. Allerdings hatte man irgendwie vergessen die schlüpfrige Steuerung und schlechte Kollisionserkennung zu optimieren. Und das ist eigentlich schon alles, was man über diesen Titel sagen kann, da die Unterschiede zu Monster Land ehrlich gesagt wirklich sehr gering ausfallen. Es ist so gesehen die gleiche Kost wie Monster Land, allerdings stark aufgepeppt und etwas komplexer.

Mit Monster World IV, dem vierten Titel der Sammlung, hat man abermals die Reihe neu “erfunden”. Man verzichtete auf eine männliche Hauptrolle und setzte stattdessen ein grünhaariges Mädchen namens Asha auf den Platz des Protagonisten. Gleichzeitig wählte man ein komplett neues Szenario und somit platzierte man Monster World IV in eine arabisch inspirierte Fantasiewelt, während man der Grundstruktur seiner Action-Rollenspiel-Vorgänger treu bleibt.

Asha hüpft, springt und dasht nun durch wunderschön gerenderte, farbenfrohe Landschaften und Dungeons und sollte mal ein Hindernis unüberwindbar sein, kann man Pepelogoo, ihr kleines Hausmonster zu Hilfe rufen. Monster World IV ein visuell beeindruckendes Beispiel der Pixelschubser der 90er Jahre, gewürzt mit einem exzellenten Gameplay, einem sehr guten Soundtrack, riesige Bosse und insgesamt exzellent designte Level. Was bei den ersten Spielminuten auffällt ist, dass Monster World IV um einiges zugänglicher wurde. Es spielt sich insgesamt flüssiger.

Qualitativ sind alle 4 Titel der Wonder Boy Collection top, allerdings welcher Titel einem am ehesten zusagt, variiert stark je nach Geschmack und den Emotionen der damaligen Zeit, die man noch heute mit sich trägt. Und betrachtet man die Spiele, ist interessant zu gehen, wie man die Serie als Ganze vorangetrieben und weiterentwickelt hat.

Für die Sammlung hat man nicht nur etwas Staub entfernt, sondern zugleich noch neue Features hinzugefügt. Man kann jederzeit speichern und somit ins Spiel  ein- und aussteigen, wann man will und wer jetzt mit der Schwierigkeit des Spiels nicht mehr ganz ru recht kommt (da früher grundsätzlich alles schwerer war), kann man nun dank der Schultertaste die Zeit zurück drehen, um somit dem Tod nochmals von der Schippe zu springen. 

Da es sich hierbei um Retro-Spiele handelt, dürfen freilich die obligatorischen Filter nicht fehlen. Diese ermöglichen eine Vielzahl von Anpassungen und Bildoptimierungen, mit Verhältniseinstellungen von Scanlines, oder Bildschärfe. Somit holt man sich das gute alte CRT-Feeling auf den Flachbildschirm zurück. Dieser Schnickschnack ist wohl auch Geschmacksache…

Alles in allem ist Wonder Boy Collection wirklich eine hübsche Sache und man vergisst vielleicht, welchen Einfluss die Reihe insgesamt hatte. Abgesehen, dass die Steuerung etwas kränkelt, was aber schon in der Vergangenheit der Fall war. Einige Spiele in dieser Sammlung sind optisch offensichtlich besser gealtert als andere. Animationen und Charakterdesigns sind etwas seltsam, aber insgesamt laufen alle Spiele gut und somit gibt es grundsätzlich nichts zu meckern., außer…

Ja… außer dass eben der absolut beste Titel der Serie eben nicht in der Sammlung enthalten ist: Das 1989 veröffentlichte Wonder Boy: The Dragon’s Trap.

Als Retro-Fan und all jede, die auch schon in der Vergangenheit nicht die Finger von den Wonder Boy-Spielen lassen konnten, erhalten mit der Wonder Boy Collection eine wunderbare Möglichkeit, die enthaltenen Klassiker aufleben zu lassen somit auch die guten alten Emotionen der Kindheit. Und so kann man auch noch heute unzählige Stunden mit Spielen verbringen, die fast schon 40 Jahre auf den Buckel haben!

Bewertung: 4 von 5.

Wonder Boy Collection

Entdecke 35 Jahre Wonder Boy Abenteuer in einer fantastischen Sammlung! 

Eine sorgfältig zusammengestellte Sammlung der wichtigsten Wonder Boy-Veröffentlichungen – mit vier SEGA-Meisterwerken aus der goldenen Ära der Jump’n’Run-Spiele.

INFO

Plattform: PS4
Veröffentlichung: 3.6.2022
Herausgeber: Bliss Brain Corporation
Genre: Action,
Bildschirmsprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch

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