Ein Prinzessinnen-Simulator, der so spannend scheint wie eine Excel-Tabelle? Der Schein trügt. Long Live the Queen ist ein RPG im Stil eines Visual Novel, mit einer Menge Ressourcen-Management. Klingt langweilig? Mit Nichten, denn das Spiel ist kein Ponyhof! Hinter der quietschbunten Fassade, verbirgt sich ein beinhartes Rollenspiel, bei dem man sich nie sicher sein kann, wo der Tod lauert. Long Live the Queen ist ein Spiel, das von vielen vermutlich nur “nach dem Einband” betrachtet hat. Ob das auch so stimmt? Finden wir’s heraus!
Man übernimmt die Rolle der kleinen, 15 jährigen Elodie, die Prinzessin des Königreichs Nova, deren Mutter vorkurzem starb. Dies zog die kleine Elodie in eine große Depression, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Etwas unpraktisch, denn Elodie wird schon in wenigen Wochen zur neuen Königin des Landes gekrönt und es gibt noch eine Menge zu lernen.
Ziel ist es nun, nicht nur die Schulbank zu drücken, sondern auch über 40 Wochen hinweg das Mädchen zu begleiten (so lange, bis der Tag der Krönung erscheint). Es klingt einfach, aber man darf sch hier nicht von der Niedlichkeit täuschen lassen. Im Kern ist Long Live the Queen ein wahrlich dunkles Erlebnis.
Prinzipiell geht es darum, Entscheidungen zu treffen, oft ohne deren volle Konsequenzen zu kennen. Man wählt Elodies aus einer Ellenlangen Tabelle die täglichen Aktivitäten aus, die verschiedene Statistiken erhöhen und die Geschichte auf subtile Weise beeinflussen. Es gibt auch große wöchentliche Ereignisse, die eine viel unmittelbarere und offensichtlichere Auswirkung auf das Spiel und auf Elodie haben. Diese Ereignisse können von einfachen Balz-Versuchen heranreifender Prinzen, bis hin zu viel dramatischeren Attentats- und Invasionsversuchen reichen.
Selbst bei den großen Ereignissen ist es oft schwierig, die langfristigen Auswirkungen der Entscheidungen, Erfolge und Misserfolge genau vorherzusagen. Einige sind offensichtlich: Wenn man einen Attentäter nicht rechtzeitig entdecken, wird man unweigerlich ins Gras beißen. Hat man aber genug die Schulbank gedrückt, schafft man es den Attentäter schon vorher zu entlarven und man gewinnt zudem wichtige Informationen, die man benötigt, um ein späteres Ereignis zu überstehen. Man kann sich entscheiden, den Attentäter hinrichten zu lassen, was viellicht nicht unbedingt die beste Entscheidung ist. Zumindest nicht immer. Ihn am Leben zu lassen, könnte auch tragisch nach hinten losgehen.
Es mag vielleicht nervig klingen, aber es lohnt sich einen Zettel bereitzulegen, um von all seinen Aktivitäten Notizen zu machen, um auch wirklich alles im Auge zu behalten. Zudem geht es nicht nut darum, die richtigen Aktivitäten Tag für Tag auszuwählen. Ein Problem ist auch Elodies Stimmung, die das Lernverhalten der Prinzessin beeinflussen. Zum Beispiel wird eine depressive Elodie stets Probleme haben, etwas Neues zu lernen, ein wütender Elodie ist jedoch hervorragend darin sein, alles rund um Waffen und Krieg zu lernen. Diese jedoch wiederum aggressive Haltung wird es einem erschweren, eher “soziale Kompetenzen” zu erlernen. Man muss von daher jede noch so kleine Aktionen sorgfältig auswählen und die Auswirkungen auf das Königreich und auf Elodie sorgfältig abwägen. Long Live the Queen ist eine Gratwanderung, bei der sich das Seil unerwartet drehen, bewegen oder reißen kann.
Ein weiterer Bestandteil des Spiels ist Magie, Lumen genannt. Ich entschied mich frühzeitig, nachdem die Depression ausgemerzt wurde, alles daran zu sehen, die Welt des Lumens zu erlernen, auch wenn ich dabei rücksichtslos vorgehen musste. Nicht fehlen darf allerdings auch eine solide Grundlage in Kampf und Strategie, damit man auch hier frühzeitig Maßnahmen ergreifen kann. Jeder Abweichung wurde entweder enthauptet oder anderweitig bestraften, die versuchten. Aus Elodie, dem kleinen depressiven Mädchen, wurde mit der Zeit ein absolutes Monster! Der Pan ging auch beinahe auf. Allerdings sollte man auch zusehen, dass man sich mächtige Verbündete macht, die einem helfen, die Kontrolle über Nova zu übernehmen. Ein wenig wie Game of Thrones, allerdings mit weniger (null) nackter Haut.
Aber was will man auch schon machen? Man spielt ein süßes und unschuldiges Mädchen, das gezwungen wird, so schnell wie möglich erwachsen zu werden und sich einer sehr hässlichen Welt zu stellen. Und der Tod lauert in jeder noch so kleinen Ecke. Spielt man zum ersten Mal unbedacht, stehen die Chancen nicht schlecht, ziemlich früh im Spiel den Löffel abgeben zu müssen. Ich starb (bzw Elodie) auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier, getroffen von einem Pfeil. Zum Glück hab ich vorher abgespeichert (was man unbedingt jeden Spieltag machen sollte), und konnte somit dem Tod und auch der amüsanten Geburtstagsfeier entgehen.
Die Flut von Ereignissen und Krisen kommt so schnell und so unvorhersehbar, dass es keine wirkliche Möglichkeit gibt, sich vorzubereiten. Für manche könnte dies ein Dealbreaker sein, weil es sich so anfühlen kann, als ob man den Launen von Zufalls und Tricks ausgeliefert ist, oder weil man wirklich viel Zeit, Energie und Angst investieren muss, um das Richtige zu tun, nur um wenige Momente später zu ertrinken, erstochen oder vergiftet zu werden, in eine Falle zu Grunde gehen, oder vom feindlichen Königreich überrollt zu werden. Das Schicksal schlägt aus heiterem Himmel zu.
„Spaß“ ist vielleicht nicht das richtige Wort, um „Long Live the Queen“ zu beschreiben. Es ist eher “harte Arbeit” und ein extrem schweisstreibendes Ressourcen-Management! Aber dies macht das Spiel so extrem fesselnd. Die Geschichte ist spannend und gut geschrieben, die Charaktere sind stark und nachvollziehbar, und die Erfahrung liegt irgendwo zwischen einem Strategiespiel und einem guten Buch. Insgesamt war das Spiel eine positive Erfahrung, auch wenn zu Beginn das Gameplay ein wenig abschreckend wirkt.
Alle die brutale Drehungen und Wendungen lieben, könnte Long Live the Queen genau das Richtige sein. Das politische Umfeld, ist interessant, und die Art und Weise, wie es magische und Fantasy-Elemente in das Königreich einwebt, verleiht der Welt einen faszinierenden Geschmack. Es brauchte nur etwas, um sich warm zu spielen und man darf zudem vor grossen Tabellen und wichtigen Entscheidungen und deren Auswirkungen keine Angst haben. Das Spiel ist packend, dunkel, hat aber auch einen Abend dunklen Humor, denn wo läuft man schon Gefahr, nur weil man es ausgelassen hat, in der Schule zur lernen, wie man richt zu laufen hat, dass man bei einem Event ungünstig von der Treppe fällt und sich das Genick bricht? Von daher kann man Long Live the Queen nur empfehlen, auch wenn das Genre auch extrem nischig ist.
Long Live The Queen
Das Leben als Prinzessin ist hart. Das Leben als Königin noch härter. Vor allem, wenn man erst vierzehn ist und den Thron nur geerbt hat, weil die eigene Mutter frühzeitig verstorben ist.
Schaffst du es, bis zu deiner Krönungszeremonie zu überleben?
INFO
Plattform: PS4,PS5
Veröffentlichung: 15.07.2022
Herausgeber: RATALAIKA GAMES SL
Genre: Rollenspiel, Excel-RPG